Französischer Charme und Stiftungsgeld zum Muttertag

Meininger Tageblatt

Französischer Charme und Stiftungsgeld zum Muttertag

Von Alfred Erck

Meiningen- Es war ein schöner Einfall der Meininger Hofkapelle, als "musikalischen Gruß zum Muttertag" Kompositionen der leichteren Art, geschaffen von Franzosen des vergangenen Jahrhunderts, ins Programm zu nehmen. Leo McFall führte die knapp 20 Musiker mit leichter, doch bestimmter Hand. Alexander John moderierte auf humorige Art. Mehr dem polyphonen Geiste des Barocken als anderen Stilrichtungen verpflichtet, konnte jeder Musiker sein Instrument zumeist solistisch führen. Bläserdominant, rhythmisch ausgerichtet entfaltete sich eine beinahe volkstümliche Musik.

Begonnen wurde das höchst reizvolle Konzert mit einem der von Jacques lbert geschaffenen .,Divertissimenti", einer musikalischen Zerstreuung also, mit zumeist tänzerischer Motivik, wie sie im 17. und 18. Jahrhundert so beliebt war. Mit lockerem Gestus auf Variabilität eingestellt, hat McFall die leicht verfremdeten Tänze, Märsche in deren Witzigkeit ausführen lassen. Man konnte sich gut vorstellen, wie sich dergleichen in der französischen Öffentlichkeit ausnehmen würde. Einmal auf eine solche Rezeptionsweise eingestimmt und durch Johns Inhaltsbeschreibungen der Suitensätze von Darins Milhauds "La Creation du Monde" hinlänglich unterrichtet, malte man sich dessen eigenwillige Geschichte auf seine Weise aus. „Ich bin Franzose aus der Provence und jüdischen Glaubens", hat sich der Komponist einmal selbst charakterisiert. Zudem flossen in das 1922 entstandene Opus die Eindrücke einer Amerikareise und infolgedessen die Klänge des Saxophons. Es entstand also jene Mixtur, bei der Mediterranes, Tiefsinniges und jazziges ihre Rolle spielen.

Beschlossen wurde das Konzert mit Iberts "Paris", eine musikalische Stadtlandschaft, die dem Impressionismus eines Ravels verbunden ist. Die ausführenden Musiker setzten in ihrem Spiel auf orchestrale Farbigkeit. Und das Publikum ertappte sich bei den Stichworten Metro, Restaurant, Jahrmarkt, Ozeandampfer immer wieder dabei, wie es das Zu-Hörende mit selbst gespeicherten Bildern von der Stadt an der Seine untersetzt, das musikalische Geschehen gleichsam visualisiert hat. Die Hörerschaft hatte in den vollbesetzten Kammerspielen ihre Freude am Dargebotenen, und Intendant Ansgar Haag am Konzertende das Vergnügen, aus den Händen des Präsidenten der Meininger Theaterstiftung, Dr. Jörg Tasler, 4100 Euro entgegennehmen zu können. Das Geld soll vor allem zur Finanzierung der Tanzeinlage in der Inszenierung von Richard Strauss´ "Konversationsstück für Musik", "Capriccio" in der kommenden Spielzeit verwendet werden.

Dass das mittlerweile auf 175000 Euro angewachsene Stiftungskapital nicht mehr Ertrag abgeworfen hat, muss der Zinspolitik der Zentralbanken angelastet werden, die dabei sind, die „Philosophie" europäischer Kultur- und Wissenschaftsstifungen - einschließlich der Nobelpreise - ad absurdum zu führen. Denn wenn man so weitermacht, werden selbst die gemeinnützige Einrichtungen auf ihre Einlagen bei den Banken Beiträge bezahlen müssen, nicht aber mit ihrer Hilfe die Kultur weiter fördern können!